Update 2015: Tacheles Areal ist verkauft!
Alles schon Geschichte?
Wenn Investoren und Banken agieren, ist für Künstler und Andersdenkende meist nicht mehr viel Platz. So geschehen auch mit dem Kunst- und Veranstaltungszentrum Tacheles in der Oranienburger Straße in Berlin Mitte. Bei meinen letzten Besuchen seit 2010, war die Zeit der Veränderung durchaus schon zu bemerken. Auch Spekulationen über einen Abriss zogen durch die Gänge oder wurden in Zeitungsartikeln oder Blogs diskutiert. Daher entschloss ich mich, einige Fotos des noch belebten Tacheles aufzunehmen, bevor das Sprengkommando anrückt und Platz für attraktive Eigentumswohnungen in bester Lage (oder ähnlich wichtige Dinge) schafft.
Der Name Tacheles leitet sich aus dem Jiddischen ab und bedeutet „Klartext reden“. Das imposante Gebäude wurde 1907/1908 gebaut und dann als Friedrichstraßenpassage (Einkaufspassage) eröffnet, um kurz danach in den Konkurs zu gehen. Der Gebäudekomplex wurde daraufhin in unterschiedlicher Weise genutzt und überstand den Krieg mit einigen Schäden. Zur DDR Zeit nutzten der FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund), eine Artistenschule, eine Hundeschuranstalt, die NVA, Handel und Gewerbe, das langsam verfallende Gebäude.
Trotz überschaubarer Kriegsschäden und langjähriger Nachkriegsnutzung sollte ein Abbriss ab 1980 beginnen. Der heute noch erhaltene Teil sollte 1990 gesprengt werden. Kurz vor dieser Sprengung besetzte die Künstlerinitiative Tacheles das Gebäude. 21 künstlerische Jahre sollte die „Besetzung“ dauern. Ateliers, Ausstellungen, Zapata, Disco, Restaurant und Freifläche waren das Programm. Das Tacheles bildete einen Schwerpunkt der alternativen Kunst- und Kulturszene in Berlin. Kunstinteressierte und Neugierige pilgerten zu diesem ungewöhnlichen Objekt und Berliner Sehenswürdigkeit.
Begleitet wurde diese Zeit von einer anhaltenden und letztlich doch nicht erfolgreichen Auseinandersetzung mit Immobilieninvestoren und der Verwaltung. Im September 2012 wurde das Tacheles schlußendlich geräumt und friedlich übergeben. Doch der große Immobiliendeal blieb aus. Heute steht das Tacheles unter Denkmalschutz, eine Neugestaltung soll den alternativen Charakter berücksichtigen. Anfang 2013 diente die Kaufhausruine als Kulisse für einen Kinofilm, welcher sich um die Enthüllungsplattform Wikileaks dreht.
sf.
2015: Das Tacheles-Areal ist jetzt eines der letzten Filetstücke im Zentrum von Berlin. Nach aktuellen Presseberichten, ist das Areal nun verkauft. Der bisherige Besitzer, die Jagdfeld-Immobiliengruppe, soll das Gelände nun für rund 150 Mio. Euro übergeben haben, der Eigentümerwechsel sei bereits vollzogen. Glücklicher neuer Eigentümer ist Finanzinvestor Perella Weinberg Partners.
Entstehen soll nun eine Mixtur aus Wohnen, Büros, Handel, Kultur und Hotel. Das Haus steht weiter unter Denkmalschutz. Es wird nun Kontakt mit den Behörden gesucht, um im Dialog Möglichkeiten auszuloten.
sf.
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